Mit der Veröffentlichung ihrer Autobiographie Ordeal / Die Wahrheit über Deep Throat von 1980 ergänzte die damalige Hauptdarstellerin Linda Boreman alias Linda Lovelace diese umfangreiche Rezeptionsgeschichte um die Schilderungen ihrer persönlichen, durch Zwang und Gewalt geprägten Situation während der Dreharbeiten und darüber hinaus, so dass ein ganz anderes Licht auf ihre als emanzipatorisch stilisierte Person und den berühmt-berüchtigten Pornostreifen fiel, über den 2005 die Dokumentation in die Kinos kam. Nun haben sich die US-amerikanischen Dokumentarfilmer Rob Epstein und Jeffrey Friedman () dieses Themas mit dem 2013 beim Sundance Film Festival uraufgeführten Spielfilm Lovelace angenommen, der das Leben der Linda Lovelace als sympathisch-naive Frau skizziert, die nach ihrer gigantischen Karriere als ausgebeuteter Porno-Star kräftig die Branche kritisiert und nunmehr als Mutter und Ehefrau ihre Erfüllung findet. Lovelace München SilvesterLovelace München BrunchEs mutet schon seltsam an, mit welch märchenhafter Vehemenz Lovelace die hehre Version eines eher prüden, zur Pornographie zunächst verführten und später gezwungenen Mädchens ausschmückt, das seinen Ausstieg im Nachhinein als öffentliche Umkehr und Mahnung inszeniert, um als geläuterte, befreite Heldin der amerikanischen Wohlanständigkeit gefeiert zu werden, und zwar ungeachtet des tatsächlichen Leidensweges der Linda Boreman, der hier nicht bezweifelt werden soll. Doch die moralische Manier, in welcher sich Lovelace als braves, klischeeträchtiges, solide und stilecht inszeniertes Läuterungsdrama präsentiert, das die wahre Geschichte von Deep Throat erzählt, stinkt allzu sehr nach erneuter Ausbeutung eines Stoffes und einer Person, deren biographische Schlagworte eine gewisse Zugkraft versprechen. Da wird ein sensationelles Elend undifferenziert funktionalisiert, um eine platte Erbaulichkeit zu demonstrieren, die selektiv jene authentischen Ereignisse propagiert, die harmonisch in ein glückliches Ende münden, das im Abspann noch mit beschaulichen Nachträgen aufwartet. Ein ärgerlicher Film, der höchstens die Frage nach der Geisteshaltung einer Gesellschaft hervorruft, die im 21. Jahrhundert derartige Werke produziert und wohlwollend konsumiert.
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April 2019
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